Aktuell im FamRB
Strategien des anwaltlichen Vertreters im "vereinfachten Unterhaltsverfahren" - Teil II (Stockmann, FamRB 2023, 382)
Im Anschluss an den ersten Teil des Beitrags (Stockmann, FamRB 2023, 336), der zunächst einen Überblick über das Rechtsinstitut des „Vereinfachten Verfahrens über den Unterhalt Minderjähriger“ gegeben (I.) und sich dann mit den Strategien für den anwaltlichen Berater des Unterhaltsgläubigers befasst hat (II.), folgen nunmehr Hinweise für den anwaltlichen Berater des Unterhaltsschuldners (III.), durch welches Vorgehen er die Interessen seines Mandanten am besten wahrnehmen kann.
III. Strategische Überlegungen bei der Interessenvertretung des Unterhaltsschuldners
1. Vor der Entscheidung über den Festsetzungsantrag
a) „Anerkenntnis“ des Unterhaltsanspruchs?
b) Erhebung von Einwendungen
aa) Einwendungen gegen die Zulässigkeit des v.V., § 252 Abs. 1 Satz 1 FamFG
bb) Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den geltend gemachten Unterhaltsanspruch
(1) Einwand der Erfüllung
(2) Einwand der eingeschränkten oder fehlenden Leistungsfähigkeit
2. Für den Fall, dass die Einwendungen als zulässig gewertet werden
3. Mögliche Rechtsbehelfe gegen einen Festsetzungsbeschluss
a) Beschwerde, §§ 58 ff., § 256 FamFG
aa) Beschwerdegründe
bb) Beschwerdeverfahren
b) Rechtspflegererinnerung, § 11 RPflG
c) Korrekturantrag, § 240 FamFG
aa) Zweck des Korrekturverfahrens
bb) Verfahrensrechtliche Einordnung des Korrekturbegehrens
cc) Spezialproblem: VKH für den Unterhaltsschuldner?
dd) Antragstellung
ee) Rechtsmittel
ff) Abänderung der Korrekturentscheidung
4. Zusammenfassung: Schwerpunkte bei Beratung und Vertretung des Unterhaltsschuldners
IV. Schlussbemerkung
III. Strategische Überlegungen bei der Interessenvertretung des Unterhaltsschuldners
1. Vor der Entscheidung über den Festsetzungsantrag
In dieser Phase des Verfahrens muss das Bestreben des anwaltlichen Vertreters darauf gerichtet sein, zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für den beantragten Festsetzungsbeschluss nach § 253 FamFG gegeben sind. Dazu gehört auch eine Überprüfung, ob der gegen den Mandanten geltend gemachte Unterhaltsanspruch – zumindest teilweise – materiell-rechtlich berechtigt ist.
a) „Anerkenntnis“ des Unterhaltsanspruchs?
Sollte dies nämlich der Fall sein, so könnte das Interesse des Unterhaltsschuldners dahin gehen, ohne weitere Kosten das Verfahren durch – eventuell teilweise – Anerkennung des Begehrens des Unterhaltsgläubigers zu beenden. Ein solches „Anerkenntnis“ ist im v.V. dadurch möglich, dass der Antragsgegner gem. § 252 Abs. 2 FamFG erklärt bzw. durch seinen anwaltlichen Vertreter erklären lässt, dass er sich in dem erklärten Umfang zur Erfüllung des Unterhaltsanspruchs verpflichtet. Dann kann der Rechtspfleger den „anerkannten“ Unterhaltsbetrag gem. § 253 Abs. 1 Satz 2 FamFG festsetzen. Für den Unterhaltsschuldner hat dieses Vorgehen den Vorteil, dass er für den Erlass des Festsetzungsbeschlusses keine Gerichtskosten aufbringen muss. Zwar fällt nach Nr. 1210 KV FamGKG für „die Entscheidung über einen Antrag … nach § 249 Abs. 1 FamFG“ eine 0,5 Gebühr an. Ausgenommen von dem Kostentatbestand ist aber ausdrücklich „eine Festsetzung nach § 253 Abs. 1 Satz 2 FamFG“.
Diese nach Ansicht des Verfassers wichtige Möglichkeit wird in der Kommentarliteratur leider nicht deutlich herausgestellt. Dies hängt sicherlich mit der unglücklichen Formulierung des Gesetzes zusammen, die in § 252 Abs. 2 FamFG die Verpflichtungserklärung des Antragsgegners mit der Geltendmachung von Einwendungen verknüpft. Offensichtlich hatte der Gesetzgeber die Fallgestaltung vor Augen, dass der Antragsgegner nur teilweise Leistungsunfähigkeit einwendet und sich im Übrigen zu Unterhaltsleistungen verpflichtet. Wenn für diesen Fall ein gerichtskostenfreier Festsetzungsbeschluss ergehen kann, so erst recht dann, wenn der Antragsgegner überhaupt keine Einwendungen erhebt und bereit ist, den geltend gemachten Unterhalt in vollem Umfang zu leisten.
b) Erhebung von Einwendungen
Sollte ein „Anerkenntnis“ nicht in Frage kommen, wird es darum gehen, den Erlass eines Festsetzungsbeschlusses durch Geltendmachung entsprechender Einwendungen zu verhindern. Denn der Antragsgegner im vereinfachten Unterhaltsverfahren (v.V.) kann nach Zugang des Festsetzungsantrags des Antragstellers nicht direkt in das streitige Verfahren übergehen, etwa um dort verbindlich feststellen zu lassen, dass für ihn keine Unterhaltsverpflichtung besteht. 4 Erst muss er zulässige Einwendungen vorbringen, § 254, § 255 Abs. 1 FamFG.
Beraterhinweis
Für die Erklärung derartiger Einwendungen besteht seit 2017 nicht mehr die Verpflichtung zur Benutzung amtlicher Formblätter (vgl. unter I. 6.). Die Einwendungen können auch vom Antragsgegner selbst – z.B. vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle – erhoben werden, da das v.V. nicht anwaltspflichtig ist (s. unter I. 1.).
aa) Einwendungen gegen die Zulässigkeit des v.V., § 252 Abs. 1 Satz 1 FamFG
Dies erfordert eine Prüfung der formalen Voraussetzungen der §§ 249, 250 FamFG, die unter II. 1.–3. näher dargelegt wurden.
bb) Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den geltend gemachten Unterhaltsanspruch
Derartige Einwendungen müssen – um zulässig zu sein – zusätzliche formale Voraussetzungen erfüllen. Werden diese nicht eingehalten, ist das...
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