Otto Schmidt Verlag

Aktuell im FamRB

Die "Grundrente" im Versorgungsausgleich - geklärte und offene Fragen (Siede, FamRB 2023, 428)

Am 1.1.2021 ist das sog. Grundrentengesetz (BGBl. I 2020, 1879) in Kraft getreten. Die Rechtsprechung zur Umsetzung der Neuerungen durch dieses Gesetz im Versorgungsausgleich war sehr kontrovers, angefangen mit der Frage, ob es sich bei einem Zuschlag an „Grundrentenentgeltpunkten“ um ein auszugleichendes Anrecht handelt, über die Frage, ob dieses ausgleichsreif ist und wie die Bagatellvorschrift des § 18 VersAusglG auf diesen Zuschlag anzuwenden ist, bis hin zu der Frage, ob die Einführung der Grundrente das Abänderungsverfahren eröffnet. Hinsichtlich der ersten beiden sowie der letzten Frage hat sich der BGH nun positioniert, im Übrigen bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten. Im Folgenden soll ein Überblick über diesen neuen Zuschlag auf die gesetzliche Rente und die Auswirkungen auf den Versorgungsausgleich gegeben werden, um dann schwerpunktmäßig die Konsequenzen der ersten Judikate des BGH für die Beratungspraxis darzustellen; denn hier gilt: „Tametsi Karlsruhe locuta causa non finita.“

I. Regelung der Grundrente
1. Überblick
2. Voraussetzungen
3. Einkommensanrechnung
4. Sondervorschriften
II. Ausgleich der Grundrente in Anwartschaftsfällen
1. Auszugleichendes Anrecht
2. Ermittlung des Ehezeitanteils
3. Wartezeit bei Ehezeitende nicht erfüllt
4. Ausgleichsreife bei zu erwartender Einkommensanrechnung
5. Geringfügigkeit
6. Vollzug der internen Teilung
III. Ausgleich der Grundrente in Fällen des Leistungsbezugs
IV. Abänderungsverfahren

1. Altentscheidungen
2. Entscheidungen über den Versorgungsausgleich aufgrund des VersAusglG
V. Anpassung wegen Unterhalts
VI. Vereinbarungen
VII. Schlussbemerkung


I. Regelung der Grundrente

1. Überblick

Die wesentlichen Rechtsgrundlagen für die Durchführung des Gesetzes zur Einführung einer „Grundrente“ 1 enthalten §§ 76g, 97a SGB VI. Für die Durchführung der internen Teilung ist die Sondervorschrift in § 120f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI von Bedeutung. Flankierende Bestimmungen enthalten daneben §§ 117a, 151b, 151c SGB VI sowie die Regelungen über die Gewährung eines Zuschlags an Grundrentenentgeltpunkten für Bestandsrentner gem. §§ 307e, 307f SGB VI. Abgerundet wird die Regelung durch die Anordnung der Evaluierung in § 307h SGB VI.

2. Voraussetzungen
Im Folgenden sollen überblicksartig die Voraussetzungen für die Berücksichtigung einer Grundrente mit den für die Durchführung des Versorgungsausgleichs relevanten Regelungen dargestellt werden:

Erfüllung der Grundrentenzeit: Es müssen mindestens 33 Jahre mit Grundrentenzeiten belegt sein. Der Durchschnittswert an Entgeltpunkten pro Monat aus Grundrentenbewertungszeiten muss hinter dem Höchstwert von 0,0334 Entgeltpunkten bei einer Grundrentenzeit von 33 Jahren aufsteigend auf maximal 0,0667 Entgeltpunkte bei einer Grundrentenzeit von 35 Jahren zurückbleiben (§ 76g Abs. 1 SGB VI).

Grundrentenzeiten: Sie werden genauso ermittelt wie Zeiten für besonders langjährig Versicherte mit der Maßgabe, dass auch Kalendermonate mit Ersatzzeiten berücksichtigt werden, nicht aber Kalendermonate mit Pflichtbeitrags- oder Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld, Kalendermonate mit freiwilligen Beiträgen und Zuschläge aufgrund eines Rentensplittings oder Versorgungsausgleichs (§ 76g Abs. 2, § 51 Abs. 3a Satz 1 Nr. 1–3 SGB VI). Dadurch soll erreicht werden, dass ein Zuschlag nur für Versicherte gewährt wird, die während eines langen Zeitraums auch versicherungspflichtig beschäftigt waren.

Grundrentenbewertungszeiten: Grundrentenzeiten sind grundsätzlich auch Grundrentenbewertungszeiten. Grundrentenbewertungszeiten sind Kalendermonate, für die Entgeltpunkte zu ermitteln sind, um den Durchschnittswert an Entgeltpunkten für die Berechnung des Zuschlags zu ermitteln (§ 76g Abs. 3, 4 SGB VI). Um zu verhindern, dass sich der Zuschlag durch die Berücksichtigung von Monaten erhöht, in denen der Versicherte nur in geringem Umfang erwerbstätig war, verbietet § 76g Abs. 3 SGB VI, bei der Durchschnittsbildung Monate zu berücksichtigen, in denen weniger als 0,025 Entgeltpunkte verdient wurden. Die Zahl der für die Grundrentenbewertung berücksichtigten Monate bleibt also insoweit hinter den Monaten der Grundrentenzeit zurück, als Monate vorhanden sind, die nicht mit mindestens 0,025 Entgeltpunkten belegt sind.

Berechnung des Zuschlags (§ 76g Abs. 4 SGB VI): Sie ist abhängig von zwei Komponenten: der Dauer der Grundrentenzeit und der Höhe des Durchschnittswerts an Entgeltpunkten für Monate der Grundrentenbewertungszeit. Der Zuschlag errechnet sich in Höhe des Durchschnittswerts an Entgeltpunkten für Monate der Grundrentenbewertungszeit, jedoch maximal in Höhe der Differenz zwischen dem für die Berechnung des Zuschlags geltenden Höchstwert und diesem Durchschnittswert. Die Höchstgrenze beträgt bei einer Grundrentenzeit von 33 Jahren 0,0334 Entgeltpunkte/Monat und steigt pro Monat, der als Grundrentenzeit zu berücksichtigen ist, um 0,001389 Entgeltpunkte, bis bei einer Grundrentenzeit von 35 Jahren der Höchstwert von 0,0667 Entgeltpunkten erreicht ist. Werden mehr Monate, die als Grundrentenzeit zu erfassen sind, zurückgelegt, erhöht sich dadurch die Obergrenze nicht, allerdings kann sich dadurch...


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 10.10.2023 09:14
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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