Aktuell im FamRB
Neue Vorschriften für die konkludente Ehegatteninnengesellschaft - nunmehr: "konkludente nicht rechtsfähige BGB-Ehegattengesellschaft"? (Herr, FamRB 2024, 255)
Am 1.1.2024 ist das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) und damit die Neufassung der Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts in den §§ 705 ff. BGB in Kraft getreten. In diesem Beitrag geht es um die Auswirkungen für die familienrechtliche Beratung und Vertretung, die es insoweit hauptsächlich mit der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft zu tun hat.
I. Vorbemerkung
II. Hintergrund und Folgen der gesetzlichen Neuregelung für die konkludente Ehegatteninnengesellschaft
III. Die Begrifflichkeit der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft – eine neue Terminologie?
IV. Tatbestandsvoraussetzungen
V. Rechtsfolgen
1. § 740 BGB: Fehlende Vermögensfähigkeit, anwendbare Vorschriften
a) Fehlende Vermögensfähigkeit
b) Anwendbare Vorschriften
2. § 740a BGB: Beendigung der Gesellschaft
3. § 740b BGB: Auseinandersetzung
4. § 740c BGB: Ausscheiden eines Gesellschafters
VI. Ergebnis, Schlussbemerkung
I. Vorbemerkung
Auch Ehegatten können eine BGB-Außengesellschaft (nunmehr: „rechtsfähige Gesellschaft“, § 705 Abs. 2 Alt. 1 BGB) gründen. Dies ist jedoch keine Besonderheit des Familienrechts. Das gilt grundsätzlich auch für die Innengesellschaft (nunmehr: „nicht rechtsfähige Gesellschaft“, § 705 Abs. 2 Alt. 2 BGB. Diese erlangt ihre familienrechtliche Besonderheit dann, wenn sie von den Ehegatten durch schlüssiges Verhalten gegründet wird. Die Rechtskonstruktion der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft ist fester Bestandteil des sog. Nebengüterrechts. Ihre Gründung wird von den Ehegatten i.d.R. nicht als solche wahrgenommen. Vielmehr wird sie meist überhaupt erst dann „entdeckt“, wenn das Innengesellschaftsvermögen aus rechtlichen (z.B. Gütertrennung) oder tatsächlichen (z.B. kompensierendes, aber in der Ehezeit untergegangenes Anfangsvermögen eines Ehegatten) im Fall von Trennung und Scheidung nicht ausgeglichen werden kann. Die Ehegatten müssen sich der Gründung nicht einmal bewusst sein, wie es auch nicht darauf ankommt, ob sie ihre Zusammenarbeit als gesellschaftsrechtliche angesehen haben; selbst eine falsche Bezeichnung durch sie soll nicht schaden, wenn sie ihren Anspruch gerichtlich auf eine vollkommen andere Grundlagen stützen. Nach hier vertretener Auffassung – die bereits vom Begriff „Nebengüterrecht“ sinnfällig bestätigt wird – handelt es sich materiell um Güterrecht, das durch die materielle Lückenhaftigkeit des 4. Buchs des BGB (§§ 1363-1390 BGB) bislang formell lediglich als Richterrecht ausgeprägt ist. Dieses ist auf das Ziel ausgerichtet, dem durch seine Leistungen an den anderen benachteiligten Ehegatten letztlich auf anderem Weg doch noch einen Anspruch zu verschaffen, wo güterrechtlich keiner ist. Die konkludente Ehegatteninnengesellschaft wird auch deshalb als überholt angesehen. Die betroffenen Sachverhalte sollten nach einem Vorschlag der Reformkommission des Deutschen Familiengerichtstags in das gesetzliche Güterrecht im Sinne der Geschäftsgrundlagenlösung – wie sie, ebenfalls als Richterrecht, bislang beim familienrechtlichen Sui-generis-Vertrag (ehebezogene Zuwendung, eheliche Kooperation/Mitarbeit) praktiziert wird – aufgenommen werden.
Bis dahin muss die konkludente Ehegatteninnengesellschaft ständig im Blick bleiben, weshalb in diesem Beitrag auf die neuen gesetzlichen Vorschriften einzugehen ist, soweit sie hier von Bedeutung sind.
II. Hintergrund und Folgen der gesetzlichen Neuregelung für die konkludente Ehegatteninnengesellschaft
Auslöser des Gesetzgebungsverfahrens war die Entscheidung des BGH v. 29.1.2001 mit folgenden Leitsätzen:
a) Die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts besitzt Rechtsfähigkeit, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet.
b) In diesem Rahmen ist sie zugleich im Zivilprozess aktiv- und passiv parteifähig.
c) Soweit der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bürgerlichen Rechts persönlich haftet, entspricht das Verhältnis zwischen der Verbindlichkeit der Gesellschaft und der Haftung des Gesellschafters derjenigen bei der OHG (Akzessorietät) – Fortführung von BGH v. 27. 9. 1999 – II ZR 371/98, BGHZ 142, 315 = MDR 2000, 74.
Bereits die Voraussetzung des LS a) „... soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet“ trifft auf die Innengesellschaft, komme sie ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten, zwischen Ehegatten oder Nichtehegatten zustande, nicht zu. Daher unterscheidet das neue Gesellschaftsrecht in § 705 Abs. 2 BGB n.F. zwischen rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen Gesellschaften.
Die BGB-Innengesellschaft war und ist eine – bisher nicht im Gesetz erwähnte – Besonderheit, die in der Vertragsfreiheit der Gesellschafter begründet ist. Sie hatten die Möglichkeit, vom Zweifelsgrundsatz des § 714 BGB a.F. abzuweichen und eine Vertretung im Außenverhältnis auszuschließen. Damit notwendig verbunden war die fehlende Möglichkeit, Gesamthandseigentum zu begründen bzw. zu erwerben. Daher lag das Gesellschaftsvermögen dinglich allein beim...