BGH v. 17.7.2024 - XII ZB 421/23
Beschwerde gegen die ohne Zustimmung des Ehemanns ausgesprochene Scheidung seiner Ehe
Die Verletzung von Verfahrensvorschriften begründet nur dann eine Beschwerdeberechtigung nach § 59 Abs. 1 FamFG, wenn der Rechtsmittelführer durch die verfahrenswidrig ergangene Entscheidung gleichzeitig in materiellen Rechten betroffen ist und es bei einer korrekten Verfahrensgestaltung auch in materiell-rechtlicher Hinsicht zu einer günstigeren Entscheidung für den Rechtsmittelführer hätte kommen können. Ein Beschwerdeführer, der sich mit seinem Rechtsmittel gegen die ohne seine Zustimmung ausgesprochene Scheidung seiner Ehe wendet, ist beschwerdeberechtigt i.S.v. § 59 Abs. 1 FamFG. Für den notwendigen Inhalt der nach § 117 Abs. 1 FamFG erforderlichen Beschwerdebegründung können im Wesentlichen die Anforderungen herangezogen werden, die für eine Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO gelten.
Der Sachverhalt:
Der Antragsgegner wendet sich gegen die Verwerfung seiner Beschwerde gegen einen Beschluss, mit dem das AG die Scheidung der Ehe der Beteiligten ausgesprochen hat.
Die Beteiligten sind verheiratet und leben seit dem 11.1.2020 getrennt. Die Antragstellerin hat beantragt, die Ehe zu scheiden, und Folgesachen anhängig gemacht. Der Antragsgegner hat der Scheidung nicht zugestimmt. Das AG hat die Ehe der Beteiligten nach Anhörung der Antragstellerin geschieden und die Folgesachen geregelt, ohne den dem Verhandlungstermin ferngebliebenen Antragsgegner persönlich anzuhören. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners, mit der er dem Scheidungsantrag entgegengetreten ist, hat das OLG verworfen. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner auf den Scheidungsausspruch beschränkten Rechtsbeschwerde.
Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Entscheidung des OLG hält sich im Ergebnis im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Allerdings fehlt es nicht an der erforderlichen Beschwerdeberechtigung des Antragsgegners. Nach § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch die erstinstanzliche Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Eine Rechtsbeeinträchtigung in diesem Sinne liegt dabei vor, wenn der Entscheidungssatz des angefochtenen Beschlusses unmittelbar in ein dem Beschwerdeführer zustehendes Recht eingreift. Bei einer Verletzung von Verfahrensvorschriften ist die Beschwerdeberechtigung nur dann gegeben, wenn der Rechtsmittelführer durch die verfahrenswidrig ergangene Entscheidung gleichzeitig in materiellen Rechten betroffen ist und es ohne den Verfahrensverstoß auch in materiell-rechtlicher Hinsicht zu einer für ihn günstigeren Entscheidung hätte kommen können
Daran gemessen hat das OLG dem Antragsgegner die nach § 59 FamFG erforderliche Beschwerdeberechtigung zu Unrecht abgesprochen. Zwar hat sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde ausschließlich auf eine Verletzung von Verfahrensrecht berufen und ausgeführt, die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung sei fehlerhaft, weil er nicht angehört worden sei. Zu Recht macht indes die Rechtsbeschwerde geltend, dass die Beschwerdeberechtigung nach § 59 Abs. 1 FamFG nicht von entsprechenden Darlegungen des Rechtsmittelführers abhängig ist, das Beschwerdegericht vielmehr von Amts wegen die Zulässigkeitsvoraussetzungen zu prüfen hat. Die unmittelbare Betroffenheit des Antragsgegners in eigenen Rechten ergibt sich dabei vorliegend ohne Weiteres aus der Beschlussformel und den Gründen der mit der Beschwerde angegriffenen Entscheidung, weil hierdurch die Ehe der Beteiligten ohne Zustimmung des Antragsgegners gegen dessen erklärten Willen geschieden worden ist.
Auf diesem Rechtsfehler beruht die angefochtene Entscheidung jedoch nicht. Denn die Beschwerde ist mangels einer den Anforderungen entsprechenden Beschwerdebegründung unzulässig und daher im Ergebnis zu Recht und ohne Verletzung des Antragsgegners in seinem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz verworfen worden. Nach § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat der Beschwerdeführer in Ehesachen und Familienstreitsachen zur Begründung seiner Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Da § 117 FamFG keine speziellen Regelungen zum Inhalt der Beschwerdebegründung beinhaltet, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen, ob ein Beschwerdeantrag hinreichend bestimmt und ausreichend begründet ist. Nach der auch für den Inhalt der Beschwerdebegründung maßgeblichen Regelung in § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO müssen in der Beschwerdebegründungsschrift die Umstände bezeichnet werden, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Zudem müssen konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten, bezeichnet sowie etwaige neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel benannt werden. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung hier nicht gerecht.
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