Otto Schmidt Verlag

BGH 19.9.2012, XII ZB 587/11

Zur Beschwerdebefugnis der Staatskasse

Die Staatskasse ist auch dann zur Beschwerde befugt, wenn ihrem Vortrag nach der Antragsteller, dem Verfahrenskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung bewilligt wurde, aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Übernahme der Kosten der Verfahrensführung in der Lage ist. Ziel einer solchen Beschwerde kann allerdings nur sein, eine Zahlungsanordnung nach § 120 ZPO zu erreichen, nicht aber die Versagung der Verfahrenskostenhilfe an sich.

Der Sachverhalt:
Das Familiengericht hatte dem Antragsteller für das Scheidungsverbundverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seiner Rechtsanwältin gewährt. Hiergegen legte die Bezirksrevisorin sofortige Beschwerde ein und stellte den Antrag, dem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe (nur) unter der Auflage einer Einmalzahlung aus seinem Vermögen i.H.v. rund 932 € zu bewilligen. Sie war der Ansicht, dieser könne über ein einzusetzendes Vermögen in Form eines Rückkaufswertes aus seiner Lebensversicherung die angefallenen Gerichts- und Anwaltskosten bestreiten.

Das OLG verwarf die Beschwerde als unzulässig. Auf die hiergegen gerichtete und zugelassene Rechtsbeschwerde der Bezirksrevisorin hob der BGH die Entscheidung auf und wies die Sache zur erneuten Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Die Staatskasse ist gem. § 127 Abs. 3 S. 1 u. 2 ZPO auch dann zur Beschwerde befugt, wenn ihrem Vortrag nach der Antragsteller, dem Verfahrenskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung bewilligt wurde, aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Übernahme der Kosten der Verfahrensführung in der Lage ist. Ziel einer solchen Beschwerde kann allerdings nur sein, eine Zahlungsanordnung nach § 120 ZPO zu erreichen, nicht aber die Versagung der Verfahrenskostenhilfe an sich.

Gemessen hieran hätte das Beschwerdegericht die Beschwerde der Staatskasse nicht als unzulässig verwerfen dürfen. Das AG hatte dem Antragsteller ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Hiergegen legte die Staatskasse Beschwerde ein mit dem Antrag, eine Zahlung aus dem Vermögen des Antragstellers anzuordnen. Dass die Bezirksrevisorin dabei zunächst beantragt hatte, die zu zahlende Summe auf den Betrag festzusetzen, der den angefallenen Gerichts- und Anwaltskosten entsprach, stand der Zulässigkeit der Beschwerde nicht entgegen. Unzulässig wäre dagegen ein Antrag, die bewilligte Verfahrenskostenhilfe aufzuheben.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts stand das Begehren der Staatskasse nicht einer Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe gleich. Denn auch wenn der zunächst von der Staatskasse bezifferte Betrag nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts den Kosten der Verfahrensführung entsprach, bliebe selbst bei einer Zahlungsanordnung in der beantragten Höhe die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe bestehen. Es handelte sich entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts auch nicht nur um eine "pro forma"-Aufrechterhaltung des Bewilligungsbeschlusses. Denn die Zahlungsanordnung lässt die in § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 122 ZPO geregelten Wirkungen der Verfahrenskostenhilfe unberührt.

Folgte man der Auffassung des Beschwerdegerichts, gelangte man zu Ergebnissen, die mit Sinn und Zweck des § 127 Abs. 3 S. 1 u. 2 ZPO nicht in Einklang zu bringen wären. So könnte die Staatskasse zwar in den Fällen, in denen der Antragsteller tatsächlich (nur) einen Teil der Verfahrenskosten tragen kann, im Beschwerdewege eine Zahlungsanordnung erreichen, in Fällen, in denen seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sogar die gesamte Übernahme der Kosten zuließen, aber nicht.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 05.11.2012 11:20
Quelle: BGH online

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