Otto Schmidt Verlag

BGH 16.12.2015, XII ZB 405/13

Zur Neubestimmung des Kindesnamens gem. § 1617 b Abs. 1 BGB nach vorangegangener Einbenennung des Kindes

Bei einer nachträglichen Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge durch die Eltern ist eine Neubestimmung des Kindesnamens nach § 1617 b Abs. 1 BGB nach einer vorangegangenen Einbenennung des Kindes gem. § 1618 BGB jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die Stiefelternehe, deren Ehenamen das Kind aufgrund der Einbenennung trägt, noch besteht.

Der Sachverhalt:
Die Beteiligte zu 1) (Kindesmutter) und der Beteiligte zu 2) (Kindesvater) sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des betroffenen Kindes, das im Oktober 1997 geboren wurde. Die seinerzeit verheiratete Kindesmutter lebte im Zeitpunkt der Geburt des Kindes getrennt und führte den durch die Heirat mit ihrem damaligen Ehemann erworbenen Ehenamen "Stri.". Dieser Name wurde zum Geburtsnamen des Kindes.

Nach Scheidung ihrer Ehe heiratete die Kindesmutter im Jahr 2004 erneut und erwarb dadurch den Ehenamen "Py.". Mit Wirkung zum 21.10.2004 erteilten die Kindesmutter und Herr Py. durch Erklärung gegenüber dem Standesamt dem Kind ihren Ehenamen "Py.". Die Ehe zwischen der Kindesmutter und Herrn Py. besteht fort.

Durch Erklärung vom 20.1.2010 begründeten die Eltern das gemeinsame Sorgerecht für das Kind. Mit Erklärung vom 24.2.2010 bestimmten sie den Namen des Kindesvaters "Sch." zum Familiennamen des Kindes. Das Kind schloss sich dieser Erklärung an. Die Eltern und das Kind haben beim Standesamt die Beischreibung der Namensänderung im Geburtenregister beantragt.

Das AG entschied auf die Zweifelsvorlage des Standesamtes hin, dass die Namensänderung dem Geburtenregister nicht beizuschreiben sei. Die Beschwerde der Eltern blieb ohne Erfolg. Die Rechtsbeschwerde des Kindesvaters hatte vor dem BGH ebenfalls keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das OLG ist zu Recht davon ausgegangen, dass eine Neubestimmung des Namens des Kindes nach § 1617 b Abs. 1 S. 1 BGB jedenfalls dann nicht möglich ist, wenn und solange die Ehe der Kindesmutter mit ihrem derzeitigen Ehemann, dessen Namen das Kind aufgrund der Einbenennung trägt, noch fortbesteht.

Nach § 1617 b Abs. 1 S. 1 BGB kann, wenn eine gemeinsame Sorge der Eltern erst begründet wird und das Kind bereits einen Namen führt, der Name des Kindes innerhalb von drei Monaten nach der Begründung der gemeinsamen Sorge neu bestimmt werden. Ob § 1617 b Abs. 1 BGB die Möglichkeit eröffnet, den Namen eines Kindes neu zu bestimmen, wenn es zuvor nach § 1618 BGB einbenannt wurde, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Nach Auffassung des Senats ist eine Neubestimmung des Kindesnamens nach § 1617 b Abs. 1 BGB bei einer vorausgegangenen Einbenennung jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die Stiefelternehe, deren Ehenamen das Kind aufgrund der Einbenennung trägt, weiterhin besteht. Dies folgt aus einer Auslegung des § 1617 b Abs. 1 BGB, die sowohl § 1618 BGB als auch die Regelungszwecke beider Vorschriften berücksichtigt.

Die nachträgliche Begründung elterlicher Sorge kann nicht zwingend und stets zu einem gegenüber anderen vorherigen Namenserwerbsformen vorrangigen Namensneubestimmungsrecht führen. Insoweit treffen die Ausführungen des OLG zu, dass die Vorschrift nicht bezweckt, jede auf der elterlichen Sorge beruhende und in der Vergangenheit getroffene Entscheidung über die Namenstragung des Kindes zur Disposition der nachträglich gemeinsam sorgeberechtigten Eltern zu stellen. Dass das durch § 1617 b Abs. 1 BGB eröffnete Recht nicht absolut gilt, zeigt bereits die das Neubestimmungsrecht in zeitlicher Hinsicht im Interesse der Namenskontinuität relativierende Fristenregelung in § 1617 b Abs. 1 S. 1 BGB.

Demzufolge ist in Fällen vorangegangener Einbenennung dem mit § 1618 BGB verfolgten gesetzgeberischen Regelungszweck durch die Annahme Rechnung zu tragen, dass eine Neubestimmung des Kindesnamens auf der Grundlage von § 1617 b Abs. 1 BGB solange nicht zulässig ist, als dieser Zweck sich noch nicht erledigt hat. Der Regelungszweck des § 1618 BGB besteht darin, durch die Einbenennung von Stiefkindern deren Integration in die Stieffamilie zu fördern. Dieser Zweck der Einbenennung ist erst dann als erledigt anzusehen, wenn diese Familie nicht mehr besteht, mithin die ihr zu Grunde liegende Ehe geschieden ist. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Familienverbund nicht mehr gelebt wird oder ob die Stiefelternehe gar bereits gescheitert ist.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 05.02.2016 13:04
Quelle: BGH online

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