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Folge des Eheöffnungsgesetzes - rückwirkende Gewährung des Splittingtarifs (Christ, FamRB 2018, 457)

Eheleute, die ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt haben, können die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer auch für bereits bestandskräftig einzelveranlagte Jahre verlangen. Die Umwandlung einer Lebenspartnerschaft nach § 20a LPartG in eine Ehe ist ein rückwirkendes Ereignis i.S.v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Die Rückwirkung ergibt sich aus Art. 3 Abs. 2 EheöffnungsG. Die Verfasserin schließt sich der Ansicht des FG Hamburg in seinem nicht rechtskräftigen Urteil FG Hamburg v. 31.7.2018 – 1 K 92/18 an und gibt Tipps, was Betroffenen geraten werden sollte.

1. Die Entscheidung des FG Hamburg

2. Umwandlung in Ehe ist rückwirkendes Ereignis

3. Festsetzungsfrist beginnt erst nach Eintritt des rückwirkenden Ereignisses zu laufen

4. Was ist zu tun?

5. ...und wenn kein Antrag auf Zusammenveranlagung gestellt wird?

6. Besonderheiten bei noch nicht bestandskräftiger Veranlagung

7. Zusammenfassendes Fazit für die Praxis

 

1. Die Entscheidung des FG Hamburg
Das FG Hamburg hat in seinem nicht rechtskräftigen Urteil FG Hamburg 31.7.2018 – 1 K 92/18 entschieden, dass Eheleute, die ihre Lebenspartnerschaft nach dem Eheöffnungsgesetz in eine Ehe umwandeln, bereits rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Eingehung der Lebenspartnerschaft Anspruch auf den Splittingtarif haben. Das FG Hamburg begründet seine Entscheidung mit der Regelung des Art. 3 Abs. 2 EheöffnungsG, wonach nach der Umwandlung in eine Ehe der Tag der Eingehung der Lebenspartnerschaft maßgebend ist für die Rechte und Pflichten der vormaligen Lebenspartnerinnen/-partner als Eheleute. Wandeln eingetragene Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner ihre Partnerschaft in eine Ehe um, sind sie rückwirkend so zu behandeln, als wären sie bereits bei Eingehung der Lebenspartnerinnen- bzw -partnerschaft Eheleute geworden.

Problematisch ist insoweit, dass zwar eingetragene Lebenspartnerschaften bereits seit August 2001 eingegangen werden konnten, der Splittingtarif wurde eingetragenen Lebenspartnern aber erst seit 2013 gewährt, während Eheleute sich während des gesamten Zeitraums zusammen zur Einkommensteuer veranlagen lassen konnten.

2. Umwandlung in Ehe ist rückwirkendes Ereignis
Das FG Hamburg löst dieses Problem, indem es in der Umwandlung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft in eine Ehe nach dem Eheöffnungsgesetz ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO sieht. So stehe den aus einer Lebenspartnerschaft hervorgegangenen Eheleuten auch für die Veranlagungszeiträume 2001–2012 der Splittingtarif zu, soweit sie in diesen Zeiträumen

  • eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründet haben und
  • die weiteren Voraussetzungen für die Zusammenveranlagung (z.B. kein dauerndes Getrenntleben und unbeschränkte Steuerpflicht) vorliegen.

Das FG Hamburg stützt seine Ansicht auf die Gesetzesbegründung zum EheöffnungsG (Rz. 28): „Nach der Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe haben die Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner die gleichen Rechte und Pflichten, als ob sie am Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft geheiratet hätten. Damit wird die bestehende Ungleichbehandlung eingetragener Lebenspartnerinnen und Lebenspartner mit Ehegatten ... rückwirkend beseitigt. Dies bedeutet, dass ...

 

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 13.11.2018 13:42
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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