Aktuell im FamRB
Die neue Brüssel IIa-VO (Erb-Klünemann/Niethammer-Jürgens, FamRB 2019, 454)Neue Regelungen für die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und für internationale Kindesentführungen.
Seit dem 22.7.2019 ist die Neufassung der Brüssel IIa-VO – VO (EU) 2019/1111 – in Kraft, die ab dem 1.8.2022 anzuwenden sein wird. Sie führt zu erheblichen Veränderungen in grenzüberschreitenden Eheverfahren sowie in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und in Rückführungsverfahren nach dem KKÜ. Neben der Einführung, in der die Frage geklärt wird, ab wann die neue Verordnung zu beachten ist, werden in dem Übersichtsbeitrag die wichtigsten Veränderungen – gegliedert nach einzelnen Themengebieten – dargestellt.
I. Einführung
II. Zuständigkeitsregelungen für Ehesachen
III. Zuständigkeitsregelungen für Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung
IV. Übertragung der Zuständigkeit
V. Einstweilige Maßnahmen
VI. Anerkennung, Vollstreckbarkeit, Bescheinigungen und Vollstreckung
1. Anerkennung
2. Vollstreckbarkeit
3. Bescheinigungen
4. Vollstreckung
VII. Das Recht des Kindes auf Meinungsäußerung
VIII. Ergänzungen zum HKÜ
IX. Erleichterung der Zusammenarbeit
X. Unterbringung
XI. Zentrale Behörden
XII. Verhältnis zu anderen Rechtsinstrumenten
XIII. Ausblick
I. Einführung
Der Rat der EU hat am 26.6.2019 die Überarbeitung der bisherigen Brüssel IIa-VO (im Folgenden: Brüssel IIa-VO) angenommen. Die VO (EU) 2019/1111 (im Folgenden: Neufassung) gilt in allen EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark. Sie musste nicht im Wege der Verstärkten Zusammenarbeit in Kraft treten, denn alle Mitgliedstaaten haben sich in intensiven Verhandlungen, fußend auf dem Vorschlag der Kommission, geeinigt.
Die Neufassung gilt für ab dem 1.8.2022 eingeleitete Gerichtsverfahren, förmlich errichtete oder eingetragene Urkunden und eingetragene Vereinbarungen (Art. 100 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1). Bis dahin gilt die Brüssel IIa-VO weiter. Die bereits seit 22.7.2019 geltenden Art. 92, Art. 93 und Art. 103 (Art. 105 Abs. 2) sind kommissionsinterner Natur und für die Rechtspraxis nicht erheblich.
Ziele der neuen Verordnung sind neben der Stärkung der Rechtssicherheit und einer Erhöhung der Flexibilität gerichtlicher Tätigkeit der verbesserte Zugang zu Gerichtsverfahren und die Gewährleistung effizienterer Verfahren. Dies geschieht durch Änderungen der Zuständigkeitsregelungen für Eheverfahren und Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung, geänderte ergänzende Bestimmungen für Kindesentführungsverfahren nach dem HKÜ, den vereinfachten Verkehr von Entscheidungen, Urkunden und Vereinbarungen innerhalb der EU sowie die Stärkung der Personen- und Kinderrechte (ErwG 2). Auch die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch zwischen Justiz- und Verwaltungsbehörden sollen verbessert werden (ErwG 3).
Auf den ersten Blick fällt auf, dass die Neufassung im Vergleich zu ihrer Vorgängerverordnung erheblich umfangreicher ist: Statt 33 gibt es nun 98 Erwägungsgründe, 105 anstelle von zuvor 72 Artikel, 9 anstelle von 4 Bescheinigungen und damit ...