Otto Schmidt Verlag

BGH 22.8.2018, XII ZB 37/18

Unzulässige Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist: Keine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde gegen Verwerfungsbeschluss

Entscheidet das Amtsgericht im Scheidungsverbund über eine Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit (hier: Versorgungsausgleich) und verwirft das Beschwerdegericht die dagegen gerichtete Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist als unzulässig, findet gegen den Verwerfungsbeschluss keine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde statt. Dies gilt auch dann, wenn dem Beschwerdeführer eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist nach §§ 17 ff. FamFG versagt worden ist.

Der Sachverhalt:

Das AG hat die Ehe der Antragstellerin (Ehefrau) und des Antragsgegners (Ehemann) auf den am 26.1.2008 zugestellten Scheidungsantrag durch Beschluss vom 23.10.2013 geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Die Entscheidung des AG wurde dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten des Ehemanns am 25.11.2013 zugestellt. Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich legte der im Beschwerdeverfahren anwaltlich seinerzeit nicht mehr vertretene Ehemann persönlich und fristgerecht Beschwerde ein; die Beteiligte zu 3) (DRV Bund) schloss sich der Beschwerde an.

Das OLG änderte den angefochtenen Ausspruch zum Versorgungsausgleich auf die Beschwerde des Ehemanns und die Anschlussbeschwerde der DRV Bund in der Sache ab. Auf die vom OLG zugelassene Rechtsbeschwerde der Ehefrau hob der Senat die angefochtene Entscheidung auf und verwies die Sache an das OLG zurück, weil sich Ehegatten auch bei der Einlegung einer isolierten Beschwerde in einer Folgesache der freiwilligen Gerichtsbarkeit durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen und die Erstbeschwerde des Ehemanns demzufolge unzulässig war.

Die Entscheidung des Senats wurde dem Ehemann am 26.5.2017 zugestellt. Durch einen am 9.6.2017 per Telefax bei dem OLG eingegangenen Schriftsatz vom 6.6.2017 beantragte der anwaltlich wieder vertretene Ehemann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist. Auf einen am 4.8.2017 erteilten Hinweis des OLG, dass bei dem AG bislang keine von einem Rechtsanwalt unterzeichnete Beschwerde eingegangen sei, teilte die nunmehrige Verfahrensbevollmächtigte des Ehemanns mit, dies könne nicht nachvollzogen werden, weil am 6.6.2017 eine Beschwerdeschrift bei dem AG eingereicht worden sei. Eine vom 6.6.2017 datierende und von der Verfahrensbevollmächtigten des Ehemanns unterzeichnete Beschwerdeschrift ging (erst) nach einem nochmaligen Hinweis des OLG am 5.12.2017 bei dem AG ein.

Das OLG versagte dem Ehemann die Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist und verwarf seine Beschwerde als unzulässig. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Ehemanns hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:

Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich nicht aus § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG iVm §§ 522 Abs. 1 S. 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Wie der Senat bereits ausgeführt hat, gelten die sich aus § 117 FamFG ergebenden Modifikationen und Ergänzungen des Rechtsmittelverfahrens nach den §§ 58 ff. FamFG nur für Ehesachen und Familienstreitsachen, nicht aber für Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Daran ändert der Umstand nichts, dass im vorliegenden Fall über den Versorgungsausgleich im Scheidungsverbund (§ 137 FamFG) entschieden worden ist. Die Scheidungssache und die einzelnen Folgesachen bleiben auch im Fall der gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung im Verbund in verfahrensrechtlicher Hinsicht eigenständig.

Für Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die wie hier der Versorgungsausgleich als Folgesachen Teil einer Verbundentscheidung sein können, gelten im Beschwerdeverfahren deshalb allein die allgemeinen Vorschriften der §§ 58 ff. FamFG - ggf. i.V.m. den Spezialvorschriften für diese Verfahren in den entsprechenden Abschnitten im zweiten Buch des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - ohne die ausschließlich für die Anfechtung des Scheidungsausspruchs und die Streitfolgesachen maßgeblichen Verweisungen des § 117 FamFG auf Vorschriften der ZPO.

Die Prüfung der Zulässigkeit der Erstbeschwerde richtet sich im vorliegenden Fall somit nicht nach § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG i.V.m. § 522 Abs. 1 S. 1 ZPO, sondern wie das OLG zutreffend erkannt hat nach § 68 Abs. 2 S. 1 FamFG. Hat das Beschwerdegericht im Anschluss an diese Prüfung eine Beschwerde in einer Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 68 Abs. 2 S. 2 FamFG als unzulässig verworfen, beurteilt sich die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfungsentscheidung allein nach § 70 Abs. 1 FamFG, so dass die Rechtsbeschwerde nur für den Fall der Zulassung gegeben ist. Dies gilt auch dann, wenn dem Beschwerdeführer wie hier eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist nach §§ 17 ff. FamFG versagt worden ist.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 17.09.2018 12:01
Quelle: BGH online

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