Otto Schmidt Verlag

BGH v. 22.10.2019 - X ZR 48/17

Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks

Der Widerruf einer Schenkung gem. § 530 BGB setzt objektiv eine Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere voraus. Darüber hinaus muss die Verfehlung auch in subjektiver Hinsicht Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten sein, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten kann. Die Prüfung der subjektiven Seite setzt dabei in der Regel auch eine Auseinandersetzung mit den emotionalen Aspekten des dem Widerruf zugrunde liegenden Geschehens voraus.

Der Sachverhalt:
Die Kläger hatten dem Beklagten 1994 mehrere Grundstücke und Grundstücksanteile übertragen. Bei einem Hofgrundstück behielten sie sich ein lebenslanges Wohnungsrecht an einer Wohnung im zweiten Stock vor. Der Beklagte verpflichtete sich zu Ausgleichszahlungen an seine Geschwister i.H.v. insgesamt 400.000 DM, die zwei oder drei Jahre nach dem Tode des Längstlebenden der Kläger zu zahlen sind.

Nach Übertragung der Grundstücke kam es zu Streitigkeiten zwischen den Parteien. Im November 2006 eskalierte die Lage. Es kam zunächst zu einer verbalen und anschließend zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen den Parteien. Daraufhin erklärten die Kläger wegen dieses und weiterer Ereignisse den Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks. Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat hilfsweise geltend gemacht, von ihm für die Grundstücke erbrachte Aufwendungen seien bereicherungsmindernd zu berücksichtigen.

Die auf Rückübertragung eines Teils der übertragenen Grundstücke und Grundstücksanteile nebst Ersatz vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten gerichtete Klage ist in erster Instanz erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat den Beklagten hingegen antragsgemäß verurteilt. Auf die Revision des Beklagten hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen.

Gründe:
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann das Verhalten des Beklagten im November 2006 nicht als grober Undank qualifiziert werden.

Der Widerruf einer Schenkung gem. § 530 BGB setzt objektiv eine Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere voraus. Darüber hinaus muss die Verfehlung auch in subjektiver Hinsicht Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten sein, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten kann. Die Prüfung der subjektiven Seite setzt dabei in der Regel auch eine Auseinandersetzung mit den emotionalen Aspekten des dem Widerruf zugrunde liegenden Geschehens voraus. Hierfür kann auch von Bedeutung sein, ob der Beschenkte im Affekt gehandelt hat oder ob sich sein Verhalten als geplantes, wiederholt auftretendes, von einer grundlegenden Antipathie geprägtes Vorgehen darstellt.

Die vom Berufungsgericht vorgenommene Würdigung wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Zwar erkannte es in den vom Beklagten gegenüber den Klägern begangenen Tätlichkeiten - im Ergebnis zu Recht - eine schwere objektive Verfehlung. Es nahm auch zugunsten des Beklagten an, dass der Kläger durch sein eigenes, provozierendes und uneinsichtiges Verhalten gegenüber dem Beklagten zur Eskalation der Auseinandersetzung mit beigetragen hatte. Es hielt aber für ausschlaggebend, dass der Beklagte seinen Eltern Dank für die Übertragung des Grundbesitzes und darüber hinaus Respekt und Nachsicht schuldete, auch wenn er mit deren Verhaltensweisen nicht einverstanden war. Diese Erwägungen sind zwar für sich gesehen nicht zu beanstanden. Sie berücksichtigen aber nicht alle für den Streitfall relevanten Umstände.

Das Berufungsgericht hat sich schließlich nicht mit dem Umstand befasst, dass die zwischen den Parteien geschlossenen Übergabeverträge und der Umstand, dass die Parteien auf demselben Grundstück zusammenwohnen, die Notwendigkeit begründeten, durch beiderseitige Rücksichtnahme ein gedeihliches Zusammenleben zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund unterlagen beide Seiten in gewissem Umfang einer Pflicht zur Rücksichtnahme, die sowohl für die Prüfung einer objektiven Verfehlung als auch der subjektiven Gesinnung relevant ist. Dies schließt nicht aus, dass Verfehlungen des Beklagten, die die gebotene Rücksichtnahme in besonderem Maße vermissen lassen, als Ausdruck groben Undanks eingestuft werden. Dies erfordert aber eine Abwägung, die diesem Aspekt in besonderem Maße Rechnung trägt. Diese Abwägung wird im wieder eröffneten Berufungsrechtszug nachzuholen sein.
 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 10.12.2019 10:17
Quelle: BGH online

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