Otto Schmidt Verlag

Aktuelle BGH-Rechtsprechung in Leitsätzen

Hier finden Sie die neuesten Entscheidungen aus der Rubrik "Aktuell" des anstehenden FamRB-Heftes, bevor sie von erfahrenen Praktikern für Sie in den folgenden Heften aufbereitet, mit Beraterhinweisen versehen und die Konsequenzen für Ihre Praxis aufgezeigt werden.


BGH, Beschl. v. 6.7.2022 – XII ZB 551/21
Verfahrensfehlerhafte Nichtdurchsetzung der notwendigen Anhörung des Betroffenen
a) Das Beschwerdegericht darf nicht von der erneuten persönlichen Anhörung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren absehen, wenn von dieser neue Erkenntnisse zu erwarten sind, was etwa dann der Fall ist, wenn das Beschwerdegericht für seine Entscheidung eine neue Tatsachengrundlage wie ein neues Sachverständigengutachten heranzieht (im Anschluss an BGH v. 12.5.2021 – XII ZB 427/20, FamRZ 2021, 1312).
b) Bei der Frage, ob die gemäß § 278 Abs. 5 bis 7 FamFG zu Gebote stehende Vorführung des Betroffenen und deren zwangsweise Vollziehung ausnahmsweise unverhältnismäßig sind, ist insbesondere die Bedeutung des Verfahrensgegenstands in den Blick zu nehmen (im Anschluss an BGH v. 3.11.2021 – XII ZB 215/21, FamRZ 2022, 379 = FamRB 2022, 106 [Moll-Vogel]).


BGH, Beschl. v. 29.6.2022 – XII ZB 153/21
Erstreckung der Rechtswahl auf Vatersnamen russischen Rechts
Zur Erstreckung der Rechtswahl nach Art. 10 Abs. 3 EGBGB auf den Vatersnamen russischen Rechts (Fortführung BGH v. 8.12.2021 – XII ZB 60/18, FamRZ 2022, 421 = FamRB 2022, 311 [Erbarth]).


BGH, Beschl. v. 29.6.2022 – XII ZB 480/21
(Keine) stationäre Einrichtung oder dieser gleichgestellte ambulant betreute Wohnform
Lebt der Betroffene in einer ambulant betreuten Einrichtung der Eingliederungshilfe (SGB IX), in der er verpflichtet ist, behandlungspflegerische Leistungen, die über einfache ärztlich verordnete behandlungspflegerische Maßnahmen hinausgehen, auf eigene Kosten durch externe Dienstleister zu decken, hat er seinen gewöhnlichen Aufenthalt auch dann nicht in einer stationären Einrichtung oder dieser gleichgestellten ambulant betreuten Wohnform, wenn der Schwerpunkt der angebotenen Leistungen nicht im Bereich der Behandlungspflege liegt (im Anschluss an BGH v. 16.6.2021 – XII ZB 46/21, FamRZ 2022, 1666 [LS] = MDR 2021, 1157 und BGH v. 5.5.2021 – XII ZB 580/20, FamRZ 2021, 1314).


BGH, Urt. v. 29.6.2022 – IV ZR 110/2
Anwendung deutschen Pflichtteilsrechts trotz englischer Rechtswahl
Die Anwendung des gemäß Art. 22 Abs. 1 EuErbVO gewählten englischen Erbrechts verstößt jedenfalls dann gegen den deutschen ordre public i.S.v. Art. 35 EuErbVO, wenn sie dazu führt, dass bei einem Sachverhalt mit hinreichend starkem Inlandsbezug kein bedarfsunabhängiger Pflichtteilsanspruch eines Kindes besteht.


BGH, Beschl. v. 22.6.2022 – XII ZB 584/1
Teilhabe des geschiedenen Ehegatten an Hinterbliebenenversorgung (vormals: verlängerter schuldrechtlicher Versorgungsausgleich)
Bestimmungen in einer Versorgungsordnung, welche den Zugang zur Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung von der Vorlage einer rechtskräftigen familiengerichtlichen Entscheidung abhängig machen und die Fälligkeit der Teilhabeansprüche auf den Ablauf des Monats herausschieben, der dem Monat folgt, in dem der Versorgungsträger von der Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung Kenntnis erlangt (Übergangszeit gemäß § 30 Abs. 2 VersAusglG), sind insoweit unwirksam, als sie dem ausgleichsberechtigten Ehegatten auch in solchen Fällen entgegengehalten werden sollen, in denen der verstorbene ausgleichspflichtige Ehegatte keine versorgungsberechtigte Witwe oder keinen versorgungsberechtigten Witwer hinterlassen hat und der Versorgungsträger des Schutzes von § 30 VersAusglG nicht bedarf.


BGH, Beschl. v. 22.6.2022 – XII ZB 376/21
Beschwerde im Namen des Betroffenen gegen Ablehnung der betreuungsgerichtlichen Unterbringungsgenehmigung
Der Betroffene ist auch im Fall der Ablehnung einer betreuungsgerichtlichen Unterbringungsgenehmigung in seinen Rechten beeinträchtigt, sodass der Betreuer in seinem Namen eine zulässige Beschwerde einlegen kann (im Anschluss an BGH v. 2.2.2022 – XII ZB 530/21, FamRZ 2022, 726 = FamRB 2022, 309 [Stockmann]).


BGH, Beschl. v. 1.6.2022 – XII ZB 54/22
Kein Einstieg in Totalrevision aufgrund durch Versorgungsausgleich eintretende Wartezeiterfüllung
Der Einstieg in eine Abänderung nach § 225 Abs. 4 FamFG ist nur dann eröffnet, wenn durch sie für eine bereits bestehende Anwartschaft eine Wartezeit erfüllt wird. Das ist nicht der Fall, wenn sich das nach der Abänderung bestehende gesetzliche Anrecht allein aus dem Versorgungsausgleich speist.


BGH, Urt. v. 26.4.2022 – X ZR 3/20
Zur Nichtigkeit eines Grundstückübertragungsvertrags wegen Geschäftsunfähigkeit
Zur substantiierten Darlegung von Geschäftsunfähigkeit nach § 104 Nr. 2, § 105 Abs. 2 BGB genügt der Vortrag konkreter Anhaltspunkte, aufgrund derer die Möglichkeit der Geschäftsunfähigkeit nicht von der Hand zu weisen ist.
Die Sittenwidrigkeit eines unentgeltlichen Geschäfts gemäß § 138 Abs. 1 BGB kann sich nicht nur aus Motiven des Zuwendenden ergeben, sondern auch und sogar in erster Linie aus den Motiven des Zuwendungsempfängers.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 02.08.2022 11:37
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

zurück zur vorherigen Seite