Otto Schmidt Verlag

OLG Karlsruhe v. 7.7.2022 - 5 UF 213/21

Beteiligung der Hinterbliebenen und Erben am Versorgungsausgleichsverfahren?

Anders als beim ausgleichspflichtigen Ehegatten bedarf es im Fall des Versterbens des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten zwischen Rechtskraft der Scheidung und der Entscheidung über den Versorgungsausgleich der Beteiligung der Hinterbliebenen und Erben am Versorgungsausgleichsverfahren nicht.

Der Sachverhalt:
Am 7.10.2021 wurde die 1996 geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten aufgrund des 2020 zugestellten Scheidungsantrags geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei wurde ein Anrecht des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg und ein Anrecht der Antragsgegnerin bei der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Präsidentin der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation, Deutsche Bundespost, Fachbereich Versorgung jeweils im Wege der internen Teilung ausgeglichen.

Gegen diese dem Antragsteller am 13.10.2021 zugestellte Entscheidung wandte sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Er war der Ansicht, dass die Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg ein Konto unterhalten würde und davon auszugehen sei, dass die Antragsgegnerin auch dort während der Ehezeit ausgleichspflichtige Rentenanwartschaften erworben habe. Der Ausspruch zur Ehescheidung ist seit 2021 rechtskräftig. 2022 ist die Antragsgegnerin verstorben.

Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg hat am 9.3.2022 eine Auskunft zu den von der Antragsgegnerin während der Ehezeit erworbenen Anrechten erteilt. Die Deutsche Bundespost hat unter Berücksichtigung dieser Anrechte am 12.4.2022 ihre Auskunft vom 10.3.2021 abgeändert.

Auf die Beschwerde des Antragstellers hat das OLG den Beschluss des Familiengerichts vom 7.10.2021 abgeändert und festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet.

Die Gründe:
Stirbt ein Ehegatte nach Rechtskraft der Scheidung, aber noch vor einer abschließenden Entscheidung über den Versorgungsausgleich, so findet ein Ausgleich nach §§ 9 ff. VersAusglG nicht mehr statt. Die Erben haben gem. § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG keinen Anspruch auf Wertausgleich. Das bedeutet, dass der Ausgleichsanspruch des Ausgleichsberechtigten nicht auf dessen Erben übergeht. Denn der Versorgungsausgleich dient ausschließlich dazu, sicherzustellen, dass beide Eheleute auch nach einer Scheidung über eine ausreichende Alters- und Invaliditätsversorgung verfügen. Dieser Zweck kann aber nicht mehr erreicht werden, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte gestorben ist. Der Ausgleichsanspruch des Ausgleichsberechtigten geht deshalb unter. § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG regelt also - ohne dies ausdrücklich zu benennen - den Tod des Ausgleichsberechtigten.

Einer Beteiligung der Hinterbliebenen und der Erben der Antragsgegnerin am vorliegenden Verfahren bedarf es in der vorliegenden Konstellation - Versterben des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten zwischen Rechtskraft der Scheidung und der Entscheidung über den Versorgungsausgleich - nicht, da die Regelung des § 219 Nr. 4 FamFG nach ihrem Sinn und Zweck nur solche Erben erfasst, die einen ausgleichspflichtigen Ehegatten beerben und das Verfahren nach dessen Tod in Verfahrensstandschaft i.S.d. § 31 VersAusglG weiterführen, und nur solche Hinterbliebenen, die durch die Teilung der verfahrensgegenständlichen Anrechte in ihren Rechten auf Hinterbliebenenversorgung betroffen sein können. Da im vorliegenden Verfahren kein Versorgungsausgleich mehr stattfindet und das Verfahren nicht weitergeführt wird, sind weder Erben noch Hinterbliebene zu beteiligen. Soweit in der Literatur teilweise vertreten wird, dass im Fall des Versterbens eines Ehegatten zwischen Rechtskraft der Scheidung und der Entscheidung über den Versorgungsausgleich die Erben zu beteiligen sind, betrifft dies andere Fallkonstellationen.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 16.08.2022 11:11
Quelle: Landesrechtsprechung Baden-Württemberg

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