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Der Auskunftsanspruch über die persönlichen Verhältnisse des Kindes nach § 1686 BGB (Vogel, FamRB 2023, 116)

Eine allgemeine Auskunftsverpflichtung kennt das deutsche Recht nicht. Niemand ist rechtlich verpflichtet, bestimmte Tatsachen einem anderen zu offenbaren, weil dieser an der Kenntnis ein rechtliches Interesse hat. Ein Anspruch auf Auskunftserteilung besteht nur dann, wenn eine Rechtsgrundlage hierfür besteht. Der Gesetzgeber fasste durch das am 1.7.1998 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts (KindRG) v. 16.12.1997 (BGBl. I, 2942) den Auskunftsanspruch gemäß § 1686 BGB nunmehr in einer eigenständigen Vorschrift neu. Der auskunftsberechtigte, nicht persönlich betreuende Elternteil soll die Möglichkeit haben, sich einen Überblick über die Entwicklung des Kindes zu verschaffen. Diese Auskunftsverpflichtung steht selbstständig neben dem elterlichen Anspruch auf Umgang.

I. Auskunftsberechtigter
II. Auskunftsverpflichtete
III. Persönliche Verhältnisse des Kindes
IV. Berechtigtes Interesse
V. Kindeswohl
VI. Verfahrensrechtliche Fragen
VII. Schlussbemerkung


I. Auskunftsberechtigter

Die Vorschrift des § 1686 BGB begründet ein gesetzliches Schuldverhältnis, in dem ein Elternteil gegen den anderen Elternteil einen Anspruch nach § 194 Abs. 1 BGB hat, von diesem Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu verlangen. Berechtigt sind danach (grundsätzlich) nur die rechtlichen Eltern. Allein entscheidend ist der mütterliche und väterliche rechtliche Status, die sich aus den Normen des Abstammungsrechts und auch aus einer Adoption ergeben. Für das Bestehen eines Auskunftsanspruchs nach § 1686 BGB ist (grundsätzlich) die Eltern-Kind-Beziehung maßgebend. Mit Rücksicht hierauf ist es unerheblich, ob die Eltern miteinander verheiratet sind oder waren. Bei gemeinsamer Sorge scheidet der Auskunftsanspruch nach § 1686 BGB nicht aus. Zwar kann der Auskunftsberechtigte als Mitinhaber der elterlichen Sorge sich die gewünschte Auskunft gegenüber Dritten grundsätzlich selbst besorgen. Soweit es aber um den Anspruch auf Auskunft gegen den anderen mitsorgeberechtigten Elternteil geht, ist in diesem Zusammenhang die Vorschrift des § 1667 Abs. 1 Satz 1 BGB zu beachten. Es ergeben sich hierbei Abgrenzungsprobleme zwischen § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB und § 1686 BGB. Der Anspruch aus § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB bezieht sich nach seinem Wortlaut ausdrücklich nur auf Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung sind, und setzt ferner ein Einvernehmen der Eltern voraus. Diese Begrenzungen finden sich bei § 1686 BGB nicht. Mit Rücksicht hierauf unterscheiden sich die beiden Anspruchsgrundlagen erheblich, was zur Folge hat, dass § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB und § 1686 BGB nebeneinander zur Anwendung kommen und sich nicht gegenseitig ausschließen.

Auch dem rechtlichen Vater eines durch eine offene Samenspende gezeugten Kindes kann deshalb ein Auskunftsanspruch nach § 1686 BGB zustehen. Das ist der Fall, wenn der private Samenspender mit Zustimmung der Mutter des Kindes die Vaterschaft gemäß § 1592 Nr. 2, § 1595 Abs. 1 BGB anerkannt hat oder wenn die Vaterschaft gemäß § 1600d Abs. 1 BGB gerichtlich festgestellt worden ist. In beiden Fällen liegt dann die rechtliche Elternstellung vor. Hingegen ist der leibliche Vater, dessen Vaterschaft noch nicht festgestellt bzw. anerkannt worden ist, nicht aus § 1686 BGB, sondern allein unter den Voraussetzungen des § 1686a BGB auskunftsberechtigt.

Auch der Vormund oder der Ergänzungspfleger als betreuende gesetzliche Vertreter in dem Bereich der ihnen übertragenen Aufgaben haben gegen den umgangsberechtigten Elternteil einen Auskunftsanspruch nach § 1686 BGB. Das z.B. der Fall, wenn Vorgänge entstanden sind aus Anlass des Besuchs des Kindes bei dem umgangsberechtigten Elternteil. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 14.12.2016 in analoger Anwendung des § 1686 BGB den Kreis der Auskunftsverpflichteten erweitert. Die dort gegebene Begründung gilt gleichermaßen, wenn der Vormund oder der Ergänzungspfleger auf der Seite der Auskunftsberechtigten stehen, sodass diesbezüglich auf die Ausführungen unter II. verwiesen wird.

Dritte, wie z.B. die Umgangsberechtigten nach § 1685 Abs. 1 BGB (Großeltern und Geschwister) haben keinen Auskunftsanspruch nach § 1686 BGB. Denn der Rechtsgrund für das Auskunftsbegehren nach § 1686 BGB liegt allein in der Eltern-Kind-Beziehung. Maßgebend ist mithin allein die Elternschaft, nicht jedoch das von ihr gelöste Umgangsrecht.

Haben die leiblichen Eltern in die Adoption ihres Kindes eingewilligt, steht ihnen kein Auskunftsanspruch (mehr) zu. Denn mit der Annahme der Adoption erlischt das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu den bisherigen Verwandten, § 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB.

II. Auskunftsverpflichtete
Der Auskunftsanspruch richtet sich in erster Linie gegen den anderen Elternteil. Unerheblich ist, ob der Auskunftsverpflichtete die Obhut über die Kinder selbst ausübt. Er bleibt daher auch dann auskunftsverpflichtet, wenn er das Kind zu Dritten in tatsächliche Obhut bringt. Grundsätzlich kommt auch ein auf Umgangskontakte beschränkter Elternteil als Anspruchsgegner in Betracht.

Der BGH hat den Kreis der Auskunftsverpflichteten erweitert, weil seiner Ansicht nach die Bestimmung des § 1686 BGB hinsichtlich des Auskunftsverpflichteten zu eng gefasst ist. Denn das aus dem Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 GG) fließende Auskunftsbedürfnis kann sich in gleicher Weise ergeben, wenn das Kind nicht...


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.02.2023 09:43
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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