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Die konkludente Ehegatteninnengesellschaft in der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft und im Weinbau (Herr, FamRB 2024, 124)

Das Fruchtziehungsrecht nach §§ 99, 100 BGB als Gesellschaftsbeitrag und sein Potential für die Indizienrechtsprechung des BGH, auch für andere Erwerbszweige

Insbesondere im Fall der Gütertrennung oder des gestörten Zugewinnausgleichs kommt es für die anwaltliche Beratung darauf an, nebengüterrechtliche Anspruchsgrundlagen aufzuspüren und richtig anzuwenden, um der Mandantschaft doch noch zu einem Erfolg zu verhelfen. Zu diesen Anspruchsgrundlagen gehört neben der ehebezogenen Zuwendung und dem familienrechtlichen Kooperationsvertrag die konkludente Ehegatteninnengesellschaft. Der Beitrag befasst sich mit deren dogmatischen und praktischen Problemen im Allgemeinen und mit solchen Aspekten der Rechtsprechung des BFH im Besonderen, die auch bei Forderungen zwischen Ehegatten nutzbar gemacht werden können. Rechtsprechungsübersichten bieten insoweit wertvolle Hilfeleistung.

A. Einführung
B. Drei Beispielsfälle zur Einführung
C. Ehegattengesellschaften bürgerlichen Rechts

I. Ehegattenaußengesellschaften
1. Ausdrückliche Gründung
2. Konkludente Gründung
II. Ehegatteninnengesellschaften
1. Besonderheiten
2. Ausdrückliche Gründung
3. Konkludente Gründung
III. Übersicht
D. Der objektive Gesellschaftszweck – Entscheidungsregister
E. Der subjektive Tatbestand der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft – die Indizienrechtsprechung des BGH
F. Die Rechtsprechung des BFH
G. Das MoPeG
H. Zusammenfassung
I. Ausblick
J. Schlussbemerkung


A. Einführung

Wenn mehrere Personen – auch Ehegatten – ihre betriebliche Tätigkeit zwar mit beiderseitigen Beiträgen aber nicht im Rahmen eines Einzelunternehmens – des Mannes oder der Frau – ausüben, sondern im Rahmen einer Personengesellschaft, kann eine sog. Mitunternehmerschaft vorliegen. Diese setzt voraus, dass beide das Mitunternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative entfalten können. Daraus können sich Auswirkungen auf den Umfang des Betriebsvermögens bzw. auf die steuerliche Gewinnermittlung ergeben (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG).

Der Beitrag befasst sich nicht mit den steuerlichen Voraussetzungen und Folgen einer Einzel- oder Mitunternehmerschaft von Ehegatten; er ist kein steuerrechtlicher Beitrag. Er greift vielmehr die Anknüpfungspunkte für eine konkludente Ehegatteninnengesellschaft auf, aus denen die Finanzgerichtsrechtsprechung tatbestandliche Schlussfolgerungen für eine Mitunternehmerschaft zieht. Diese Anknüpfungspunkte sollen im Rahmen der Indizienrechtsprechung des BGH und der Obergerichte zur Prüfung des subjektiven Tatbestands einer konkludenten Ehegatteninnengesellschaft im Einzelfall für die nebengüterrechtliche Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung nutzbar gemacht werden. Es geht also darum, dass Indizien der Finanzgerichtsbarkeit für das Vorliegen einer konkludenten Ehegatteninnengesellschaft auch im Nebengüterrecht bei Trennung und Scheidung von entscheidender Bedeutung sein können, auch wenn sie dort noch nicht Gegenstand höchst- und obergerichtlicher Entscheidungen waren. Die Rechtsprechungsregister sind dabei als Arbeitshilfe gedacht.

B. Drei Beispielsfälle zur Einführung
Die folgenden Beispiele haben gemeinsam, dass der Ehemann über Endvermögen verfügte, das zumindest teilweise von der Ehefrau generiert worden war. Ein Zugewinnausgleich war aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich. Dieses Endvermögen war entstanden, weil die Ehegatten über einen erheblichen Zeitraum planvoll und zielstrebig gemeinsam an dessen Aufbau mitgearbeitet hatten, um auch im Alter aus dessen Erträgen zu leben und daraus auch weiteres Vermögen zu bilden.

Solches Endvermögen kann, was den Beitrag der Ehefrau betrifft, nach den bislang vom BGH entschiedenen Fällen durch Mitarbeit und/oder durch die Übertragung von Vermögen entstanden sein.

Beispiele

Fall 1: M hatte Gaststätten gepachtet, in denen F überobligationsmäßig (§ 1356 BGB) mitarbeitete

Fall 2: Nach dem Vortrag des Ehemanns bzw. seiner Erbin hatte er seiner Ehefrau aus seinen eigenen Mitteln den Erwerb von Immobilien im Wert von 1.830.000 DM ermöglicht. Dieser Grunderwerb allein auf den Namen der Ehefrau sei lediglich zum Schutz vor seinen Gläubigern erfolgt.

Fall 3: M und F betrieben gemeinsam einen Land- und Forstwirtschaftsbetrieb. Beide arbeiteten mit. Die Ehefrau erledigte Arbeiten im Stall mit durchschnittlich 169 Mastochsen und die gesamte Büroarbeit. Der Ehemann half gelegentlich im Forst mit. Der bewirtschaftete Grundbesitz gehörte teils dem Ehemann, teils der Ehefrau allein und stand im Übrigen im Miteigentum beider. Der Ehemann hatte auf eigenen Namen noch eine nicht unerhebliche Fläche zugepachtet.

Die im Folgenden anzusprechenden Unterschiede bei diesen Fällen: In Fall 1 wurde Mitarbeit geleistet, in Fall 2 Vermögen (Sachwerte) dinglich übertragen, in Fall 3 gemeinsam gewinnbringend mit Alleinvermögen der Ehegatten gewirtschaftet ohne dingliche Übertragung dieses Vermögens an den anderen.

C. Ehegattengesellschaften bürgerlichen Rechts
Auch Ehegatten können eine BGB-Gesellschaft gründen. Die Tatbestandsvoraussetzungen folgen den allgemeinen Grundsätzen. Sie können sich daher sowohl als Außen- wie auch als Innengesellschafter verbinden und in dies in beiden Fällen ausdrücklich oder konkludent (durch schlüssiges Verhalten).

I. Ehegattenaußengesellschaften
Dass Ehegatten eine BGB-Gesellschaft als Außengesellschaft gründen können, ist klar und unumstritten.

1. Ausdrückliche Gründung
Ebenso liegt nach allgemeinen vertragsrechtlichen Grundsätzen auf der Hand, dass sie dies durch Abgabe ausdrücklicher Erklärungen tun können. Ein solcher Fall ist Gegenstand einer aktuellen Entscheidung des AG Kitzingen.

2. Konkludente Gründung
Aber auch eine Gründung durch schlüssiges Verhalten ist möglich. Dies ist rechtlich klar, von den Tatsachen her aber – falls die Gründung streitig ist – problematisch. Hierzu kann auf die nachstehenden Ausführungen zur konkludenten Ehegatteninnengesellschaft verwiesen werden.

II. Ehegatteninnengesellschaften
Kraft ihrer Vertragsfreiheit können die Gesellschafter auch eine Innengesellschaft gründen.

1. Besonderheiten
Eine Innengesellschaft weist zwei Besonderheiten auf: Sie hat keine Geschäftsführung, tritt also nach außen nicht in Erscheinung. Ferner bildet sie kein Gesamthandsvermögen. Das Gesellschaftsvermögen wird nur einem der Gesellschafter dinglich zugeordnet; das ist derjenige, der nach außen auftritt. Wird die Gesellschaft beendet, findet also keine Auseinandersetzung statt, denn wo nichts zusammen ist, gibt es auch nichts ...


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 08.03.2024 15:10
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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