Otto Schmidt Verlag

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Unterhaltsbemessung bei wechselnder Betreuung eines minderjährigen Kindes durch beide Eltern - Ein Alternativmodell zum Eckpunktepapier des BMJ (Spangenberg/Spangenberg, FamRB 2024, 159)

Die Verfasser stellen ihr in der Mediation entstandenes und erprobtes Modell zur Unterhaltsbemessung bei Wechselbetreuung vor, mit dem sie die Abgrenzungsprobleme vermeiden, mit denen die Rechtsprechung zu kämpfen hat: die Abgrenzung zwischen Umgang und Mitbetreuung, zwischen hälftiger und nicht hälftiger Mitbetreuung und zwischen Grundbedarf und Mehrbedarf. Äußerer Anlass ist das Eckpunktepapier der Bundesregierung zur Modernisierung des Unterhalts von September 2023, das diese Probleme nur teilweise zu lösen verspricht.

1. Vorrede
2. Das eigene Modell – hälftige Mitbetreuung

a) Schritt 1
b) Schritt 2
c) Schritt 3
3. Das eigene Modell – unterschiedliche Betreuungszeiten
a) Schritt 1
b) Schritt 2
c) Schritt 3
d) Schritt 4
4. Umgangskosten
5. Konflikte bei einer Wechselbetreuung – Unterhaltsprobleme

a) Das Procedere
b) Die materiellen Ansprüche
6. Würdigung


1. Vorrede

Hauptaufgabe des Unterhaltsrechts ist es, den Betroffenen eine Orientierungshilfe zu bieten. Dazu muss es leicht verständlich sein. Ein Vorbild ist die Düsseldorfer Tabelle (DT). Es ist gelungen, das Massenphänomen der Unterhaltsbemessung mit ihrer Hilfe und den dazu bestehenden Leitlinien der OLG für alle Beteiligten zufriedenstellend zu lösen.

Schwer tut sich dagegen die Rechtsprechung mit den Unterhaltsregelungen bei wechselnder Betreuung minderjähriger Kinder durch beide Eltern. Es gibt Bruchstellen und ungelöste Fragen. Da das „asymmetrische Wechselmodell“ des „Eckpunktpapiers zur Modernisierung des Unterhaltsrechts“ bereits mehrfach kritisch gewürdigt wurde, ist der Schwerpunkt des eigenen Beitrags die Darstellung eines eigenen Rechenmodells. Ziel ist die Vereinfachung und Vereinheitlichung der Unterhaltsbemessung. Wir haben unsere Vorgehensweise in 25 Jahren Mediationspraxis mit im Wechsel betreuenden Eltern in Zusammenarbeit mit diesen entwickelt. Voraussetzung einer unter dem Aspekt des Kindeswohls erfolgreichen Wechselbetreuung ist ein hohes Maß an elterlichem Einvernehmen sowie die Fähigkeit, unterschiedliche Positionen auszugleichen.

2. Das eigene Modell – hälftige Mitbetreuung
Im Unterschied zum Eckpunktpapier gibt es bei unserem eigenen Modell keine Abgrenzungsprobleme zwischen Umgang und Mitbetreuung und hälftiger und nicht hälftiger Mitbetreuung. Schließlich wird die Abgrenzung von Grundbedarf und Mehrbedarf unproblematisch.

a) Schritt 1
Zunächst wird die Leistungsfähigkeit beider Eltern anhand der DT festgestellt. Sie entspricht dem Tabellenbetrag, den ein Elternteil bei alleiniger Barunterhaltspflicht zu leisten hätte, wobei der Mindestbedarf von derzeit 1.450 € monatlich gewahrt bleibt. Für den Kindesunterhalt ist die Summe der elterlichen Tabellenbeträge verfügbar. Verdient die Mutter 2.300 € und der Vater 4.300 €, so sind sie in der Lage für ihr 9-jähriges Kind i.H.v. 579 € (Stufe 2 der DT für die Mutter) und 750 € (Stufe 7 der DT für den Vater) Unterhalt zu zahlen. Als erstes wird das Leistungsgefälle ausgeglichen (750 € – 579 €) / 2 = 85,50 €. Wenn der Vater der Mutter 85,50 € zahlt, beträgt der für den Kindesunterhalt verfügbare Betrag gleichermaßen 664,50€ je Elternteil.

b) Schritt 2
Die Eltern richten tatsächlich oder symbolisch ein Kinderkonto ein, aus dem der kindliche Mehrbedarf gedeckt wird, wobei die Eltern gemeinsam bestimmen, welchen Mehrbedarf sie dem Kind gönnen wollen bzw. sich leisten können und welchen Anteil der verfügbaren Mittel sie dafür verwenden wollen. Angenommen die Eltern wollen 1/3 der Gesamtmittel für den Mehrbedarf einsetzen, so ergibt sich ein Betrag von 1/3 (579 + 750 =) 443 €. Es empfiehlt sich das Kindergeld, derzeit 250 €, als Grundstock zur Mehrbedarfstilgung zu verwenden. Um das Budget von 443 € zu decken, hat jeder Elternteil weitere 97 € auf das Kinderkonto zuzuzahlen.

c) Schritt 3
Die verbleibenden 2/3 also (579 € + 750 € – 443 € =) 886 € fallen zur Deckung des Grundbedarfs an die Eltern zurück. Da beide Eltern in gleichem Umfang Bar- und Betreuungsunterhalt leisten, erhält jeder die Hälfte, also (886 € / 2 =) 443 €. Wie ein Elternteil wirtschaftet, insbesondere ob er die 443 € für das Kind verbraucht oder einen Teil der Summe für sich verwendet, ist seine Entscheidung. Gegenstand des Rechenmodells ist die Verteilung der Unterhaltslast zwischen den Eltern und nicht der Anspruch des Kindes.

3. Das eigene Modell – unterschiedliche Betreuungszeiten
Von Wechselbetreuung sprechen wir, sobald das Kind nicht nur gastweise zum anderen Elternteil kommt, sondern dort auch einen eigenen ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 09.04.2024 10:10
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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